Personaler googeln Bewerber
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Das
World Wide Web ist eine schier unerschöpfliche Informationsquelle - auf
die nach einer aktuellen Studie auch Personalchefs zugreifen, um mehr
über ihre Bewerber zu erfahren. Kommen peinliche Inhalte ans Licht,
kann das das Karriereaus bedeuten. [27.11.2006]
Der
aktuellste und krasseste Fall von ungewollter Internetprominenz ist
wohl der des Usbeken Aleksey Vayner - tippt man dessen Namen in die
Suchmaschine Google ein, kommen aktuell mehr als 200.000 Treffer zum
Vorschein. Die meisten davon dürften Vayner indes mehr als peinlich
sein, denn in den zahlreichen Blogs und Foren, in denen sein Name
auftaucht, haben Internetnutzer nichts als Spott und Hohn für ihn
übrig. Dabei hatte es der 23-jährige Yale-Student bei seiner Bewerbung
auf eine verantwortungsvolle Position bei UBS besonders clever
anstellen wollen. In seinen Bewerbungsunterlagen verwies er auf ein im
Internet abrufbares Video von sich. Selbiges verschaffte ihm
zweifelhaften Ruhm. Bis Ende Oktober war das im Juli 2006 in New York
gedrehte Bewerbungsvideo nicht nur in zahlreichen Internetforen
aufgetaucht - schnell hatte sich auch die Presse weltweit des Falles
angenommen und Vayner über Nacht als Lachnummer enttarnt.
Denn
der Bewerber hatte in seinem Video reichlich dick aufgetragen, sich als
Chef einer Wohltätigkeitsorganisation ausgegeben und die Autorenschaft
eines Buchs über den Holocaust beansprucht. Obendrein präsentierte sich
der Student als Supersportler, der alles kann: Gewichte stemmen, Tennis
spielen und Skifahren. Seiner überzogenen Selbstdarstellung setzte er
das Sahnehäubchen auf, indem er am Schluss des Videos mit einer leicht
bekleideten Frau durch das Bild tänzelte. Jäh stellte sich heraus: Die
meisten Eckpunkte seiner angeblichen Traumvita waren frei erfunden. Als
sich diverse Internetuser mit dem Wahrheitsgehalt seines Lebenslaufs
beschäftigten, war der Hochstapler geliefert. Gleichzeitig war er den
Job bei UBS los, und an der Eliteuniversität Yale droht ihm nun die
Zwangsexmatrikulation.
Heute hip, morgen einfach nur peinlich
Damit
das schnelle Medium Internet nicht zum beruflichen Stolperstein wird,
muss man aber gar nicht so auf den Putz hauen wie Vayner. Schon die
Veröffentlichung peinlicher Partyfotos oder das unüberlegte Äußern
absonderlicher Meinungen in Internetforen könnten bei der nächsten
Bewerbung auf eine anspruchsvolle Position zum Ausschlusskriterium
werden. Denn gut ein Viertel der vom Bund Deutscher Unternehmer im
Rahmen einer Studie befragten 300 Personalexperten gab an, Bewerber
nach einer Internetrecherche schon einmal "aussortiert" zu haben.
Und
bereits 28 Prozent der Personaler nutzten das Internet - so das
Ergebnis der BDU-Umfrage -, um gezielt nach der persönlichen Eignung
eines Bewerbers zu recherchieren. Das geht schnell und ist mit wenig
Aufwand verbunden: Einfach den Namen eines Bewerbers in gängige
Internetsuchdienste eintippen und schon spuckt die Suchmaschine erste
Ergebnisse aus. Weil bei einer solchen namensbezogenen Recherche unter
Umständen auch "private Altlasten" auf dem Schirm zu sehen sind, kann
ein Bewerber mit einer peinlichen Internetpräsenz sein Image schnell,
gründlich und unbeabsichtigt ramponieren. Zwar rät der Personalberater
und BDU-Vizepräsident Dr. Joachim Staude davon ab, die Ergebnisse einer
Internetüberprüfung zu stark zu gewichten. Immerhin kann es sich bei
dem ein oder anderen kompromittieren Internetinhalt auch um einen
schlechten Scherz von "guten" Freunden handeln. Doch für den ersten
Eindruck gibt es bekanntlich keine zweite Chance.
Erst denken, dann hochladen
Rechtlich
haben Bewerber, die auf dubiosen Internetseiten namentlich genannt
werden, kaum eine Handhabe gegen kompromittierende Informationen über
sich selbst - zumindest nicht, wenn sie selbst Urheber sind und die
Peinlichkeiten ins Netz gestellt haben. Das gilt etwa bei
Diskussionsbeiträgen in Internetforen - wer sich dort öffentlich mit
einer abseitigen Meinung in ein fragwürdiges Licht stellt, braucht über
eventuelle Folgen auch nicht zu jammern.
"Es ist ja gerade
Sinn der Sache, etwas über sich öffentlich zugänglich zu machen, wenn
man Informationen oder Bilder von sich irgendwo ins Internet stellt",
so der Gelsenkirchener Arbeitsrechtler Dr. Wolf-Dieter Kuhlmann:
"Stellen Sie sich vor, während Ihre Bewerbung läuft wird ein von Ihnen
stammender Leserbrief in Ihrer Tageszeitung veröffentlicht, und der
Personalchef, der Ihre Bewerbung liest, hat die Zeitung noch daneben
liegen und erinnert sich, weil Ihr Leserbrief bei ihm reichlich schräg
ankam." Hiervon unterscheide sich auch die Internetveröffentlichung
nicht - sie gehört zum öffentlichen Raum.
Rechtlich kaum Chancen
Anders,
so Kuhlmann, sehe es natürlich aus, wenn die Inhalte, die eine Person
kompromittieren, nicht selbst von ihr ins Internet gestellt worden
sind. "Sie haben ja Persönlichkeitsrechte, zu denen auch das Recht am
persönlichen Bild gehört", so Dr. Kuhlmann, "und deswegen Bedarf die
Veröffentlichung eines Bildes von Ihnen durch Dritte Ihrer Zustimmung."
Liegt die nicht vor, ist das ein Verstoß gegen geltendes Recht - durch
denjenigen, der sie ins Netz gestellt hat. Auch wenn man gegen diese
Person nun rechtliche Schritte erwägen könne, wären die eventuellen
Peinlichkeiten damit natürlich noch nicht aus der virtuellen Welt
geschafft.
Zwar könne man - sollte man allein aufgrund der
Internetinformation den heiß begehrten Job nicht bekommen haben - den
Verbreiter der Information grundsätzlich in Regress nehmen. Aber
- so der Fachanwalt: "Weisen Sie das als Kläger auf Schadensersatz
mal nach." Denn meist erfahre man nicht nur nichts über den Verlauf des
Bewerbungsverfahrens. Für eine Aussicht auf eine erfolgreiche Klage
müsse außerdem feststehen, dass die Anstellung allein aufgrund der
Infos im "www" nicht zustande kam. Das Recht kann hier also kaum
weiterhelfen.
Nur Vorsicht hilft
Bewerbern
kann man deswegen nur empfehlen, sich vor einer wichtigen Bewerbung
selbst einmal zu überprüfen. Neben Suchmaschinen wie "Google" lassen
sich personenbezogene Daten auch unter "zoominfo.com" oder
"stalkerati.com" finden. Wer schon in gängigen Portalen Peinliches über
sich findet, kann zunächst einmal über den Betreiber der Site
versuchen, die Inhalte löschen zu lassen - was freilich nicht immer
Erfolg hat und erst recht bei internationalen Portalen schwierig werden
dürfte.
Wer aber zumindest einen "Google-Alert" zu seinem
Namen einrichtet, erfährt per Mail zumindest, wann wo was über ihn im
Internet auftaucht - und kann sich so auf entsprechende Fragen gefasst
machen. Besser ist es natürlich, mit dem eigenen Namen, Bildern und
sonstigen personenbezogenen Daten im Internet von vornherein sorgfältig
umzugehen.
Internet positiv nutzen
Ganz
Clevere stellen vor einer entsprechenden Bewerbung deshalb
qualifizierte Namensbeiträge in Fachforen ein, veröffentlichen sie in
einem eigenen Blog oder legen gar eine eigene Homepage an. Auch ein
Eintrag in virtuelle Businessnetzwerke kann helfen, dass "Google" bei
einer Namenseingabe positive Spuren ganz nach oben auf den Schirm
schiebt.
Denn ältere und damit weniger aktuelle und vielleicht
peinliche Suchergebnisse werden von Personalern nicht unbedingt mehr
angeschaut. In jedem Fall aber gilt für diese Strategie: Qualität vor
Quantität. Damit ist im Zweifel keine eigene Homepage zu haben immer
noch besser als eine schlechte. Und selbst über die hat man wenigstens
die Kontrolle und kann sie vor Versand der Bewerbung einfach
abschalten.
(Frank Martini / Bild: dpa)
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Svenja Hofert:
"Praxismappe für die kreative Bewerbung"
Eichborn 2002, 128 Seiten